Neue Mitglieder stellen sich vor: VALERIE SPRINGER

Neue Mitglieder stellen sich vor:

VALERIE SPRINGER

Foto © Rudi Teix

Ich schreibe seit
… ich denken kann – seit dem allerersten Moment, in dem ich mit dem geschriebenen Wort in Berührung gekommen bin.
Schreiben ist für mich eine Lebensform: Beobachten, ordnen, verdichten, erzählen.

Literatur soll in meinen Augen …
… weniger Antworten geben als Wahrnehmung schärfen. Einen Raum öffnen, in dem Widersprüche bestehen bleiben dürfen und in dem Würdigung und Respekt möglich sind.

Meine bevorzugte Gattung:
Ich bin für mehrere Gattungen statt einer „Hausdisziplin“.
Weil Stoffe unterschiedlich atmen.
Manche Stoffe brauchen die Geduld und Weite eines Romans, andere die Präzision einer Kurzgeschichte oder die Sprödigkeit eines Gedichts.
Ein Gedicht darf verknappen, eine Kurzgeschichte kann schneiden, ein Roman hält Ambivalenzen aus. Ich folge dem, was der Text verlangt. Die Form folgt immer dem inneren Rhythmus des Materials.

Meine Texte entstehen meist
… am Schreibtisch, unterwegs in Zügen, in Cafés, im Sommer oft nahe am Wasser, im Winter auf Reisen mit Notizbuch.
… sehr früh am Morgen (erste, stille Stunden) und spät in der Nacht.
… die erste Fassung oft mit dem Füller handschriftlich, die Überarbeitung am Laptop … viele kleine, beharrliche Durchgänge statt eines großen Wurfs.

Mein liebstes Arbeitsritual:
Frühmorgens handschriftlich. Danach (im Laufe des Tages, der Wochen, der Monate) streichen, destillieren, neu setzen. Ich bin der modernen Technik dankbar: das Arbeiten und Überarbeiten am Computerbildschirm ist eine Erleichterung … sozusagen ein zweiter Atelierraum.

Meine Texte beginnen oft …
… mit einem Bild oder einem Satz. Etwas lässt sich nicht mehr vergessen, ein Moment legt sich fest, die Stimme wird verlässlich, und dann suche ich die Form.

In meinen Texten befasse ich mich sehr oft mit:
Erinnerung und Schweigen, Familien- und Kriegserbe, Identitäts- und Zugehörigkeitsfragen, mit dem, was Menschen unausgesprochen zwischen sich tragen.
Mich interessieren Risse im Alltäglichen, Orte mit Geschichte(n), Grenzlagen, Migration, das Ineinander von privater und kollektiver Erinnerung … und auch leise Komik und das Tröstliche im Kleinen.

Orte mit Geschichte bedeuten für mich:
Orte speichern Stimmen. Mich interessiert, wie Gegenwart und Vergangenheit ineinandergreifen und wie wir erzählen können, ohne zu vereinfachen.

Wenn ich nicht schreibe
… recherchiere ich, lese querbeet, streife durch Städte und Museen, schwimme, höre Menschen zu, sammle Stimmen, kleine Gesten. Ich treffe Menschen, tausche mich aus, erfahre, erkunde, beobachte das Menschliche. Ich meditiere, mache Yoga, zeichne, male.
Und ich versuche, unserer seltsamen Welt auch das Schöne, Zarte, Flüchtige abzugewinnen, das, was leicht übergangen wird.

Ich bin Mitglied beim Kärntner Schrifsteller:innen Verband, weil
… ich dort großartige Kolleg:innen treffe, die offen teilen, vernetzen und einander stärken. Kärnten ist für mich ein geschichtlich vielschichtiger, sprach- und kulturreicher Raum, dem ich mich verbunden fühle, voller Übergänge und Erinnerungslandschaften. Der KSV bietet das, was ich schätze: Austausch auf Augenhöhe, Veranstaltungen mit Haltung und ein Klima, in dem Literatur ernst genommen wird.

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mehr über Valerie Springer:
Ihre erste Buch-Veröffentlichung erschien 2003; seither publiziert sie regelmäßig in österreichischen Independent-Verlagen. Bisher liegen elf eigene Werke sowie zahlreiche Beiträge in Anthologien und Literaturzeitschriften vor. Daneben ist sie gelegentlich als Ghostwriterin tätig.

Zuletzt erschienen: 
Über die Anmut der Zufälligkeiten (Lyrik und Kurzprosa, Verlagshaus Hernals Wien 2025)
Nachtkind (Roman, Wolf-Verlag Kärnten 2024).
erscheint demnächst:
Eine Ziege, ein Dorf und kein Internet (Roman, Milena Verlag Wien 2026).